Die Zahlen sprechen für den Blitzumzug
Die Zahlen scheinen dafür zu sprechen, den Blitzumzug zu wagen. In Berlin zum Beispiel wollen sich deutlich mehr Unternehmen in nächster Zeit von Mitarbeitern trennen als welche einstellen. Schon im letzten Jahr war dieser Trend in Berlin zu beobachten.
Auch in Frankfurt üben sich die Arbeitgeber in diesem Sommer in Zurückhaltung, wenn auch nicht in dem Ausmaß wie in Berlin. Im Ruhrgebiet, in Köln und in Hamburg gibt es zwar in den nächsten Monaten einige neue Jobs, aber ein Boom wie in München zeichnet sich bei weitem nicht ab. Außerdem fordern Arbeitgeber immer wieder, dass Berufssuchende bei der Ortswahl flexibler sein sollten. Grundsätzlich kann sich auch jeder zweite vorstellen, den Wohnort für eine neue Stelle zu wechseln.
Es gibt vor Ort schon Konkurrenten
Jutta Boenig, Vorsitzende der Deutsche Gesellschaft für Karriereberatung e.V. (DGfK) warnt dennoch davor, übereilt die Koffer zu packen. „Zu denken, dass man in eine bestimmte Stadt ziehen muss, weil dort viele Jobs warten, ist kurzsichtig“, warnt die Karriereexpertin. „Man darf nicht vergessen, dass in diesen Städten auch bereits viele Menschen mit guten Ausbildungen wohnen.“ Und oft sind die Konkurrenten vor Ort besser vernetzt, weil sie beispielsweise Freunde oder Bekannte haben, die bei einem potentiellen Arbeitgeber bereits arbeiten.
Der Aufwand ist nicht zu unterschätzen
Auch der Aufwand eines Umzugs ins Ungewisse sollte nicht unterschätzt werden. Wer sich um eine Stelle in einer anderen Stadt bewirbt, muss sich klarmachen, worauf er sich einlässt. Eine neue Wohnung muss gesucht, ein Umzug bezahlt, ein neuer Freundeskreis aufgebaut werden. Vielleicht muss sogar für die Kinder eine neue Schule gesucht werden.
Ganz ohne konkrete Stelle und nur auf Verdacht in eine Boom-Stadt umzuziehen ist daher eine sehr riskante Strategie, die Jutta Boenig nur den wenigsten rät. „Auch wer ungebunden ist und keine Familie hat, sollte sich einen Umzug auf Verdacht gut überlegen“, sagt sie. „Singles sind zum Beispiel sogar mehr auf ihre Freunde am Ort angewiesen als eine Familie, die umzieht. Die findet über den Austausch mit anderen in der Schule oder im Kindergarten nach dem Umzug sowieso oft Anschluss.“
Alles stehen und liegen zu lassen lohnt sich nicht
Der Wert heimischer Netzwerke sind also nicht zu unterschätzen. Sie helfen oft, Jobs zu finden, und sie helfen durch private Unterstützung, über schlechte Phasen hinwegzukommen. Selten boomt eine Stadt oder eine Region derart, dass man wie bei der Besiedlung des Wilden Westens alles stehen und liegen lassen und aufbrechen sollte. Und eines ist auch klar: Selbst wenn es in einer Stadt mal eine Zeit lang wenig Optionen gibt, kann sie sich auch weiter entwickeln – und die Boom-Region von morgen werden.
In Ostdeutschland sind die Arbeitgeber in diesem Sommer beispielsweise so einstellungsfreudig wie schon seit zwei Jahren nicht mehr. Und anders herum ist es möglich, dass eine blühende Stadt voller Chancen zeitweise an Bedeutung verliert. Die einstige Finanzmetropole Frankfurt etwa ist momentan dem Arbeitsmarktbarometer zufolge kein Vorreiter mehr für Jobsuchende. Wer umziehen will, sollte also lieber mit kühlem Kopf planen und sich überregional bewerben. Das funktioniert besser als Hals über Kopf die Koffer zu packen. Und wer gar nicht warten kann, der besucht München einfach mal spontan als Tourist zum Oktoberfest oder zum nächsten Bayern-Spiel.